Kaffeequalität in der Gastronomie – Warum über Kaffeequalität niemand spricht – obwohl es alle betrifft
In der Gastronomie wird viel über Qualität gesprochen: über Fleisch, Wein, Bio-Gemüse oder die Herkunft der Eier. Nur ein Produkt bleibt fast immer im Schatten – der Kaffee.
Ob im Restaurant, Hotel, Café oder Büro – Kaffee steht zwar auf jeder Karte, aber kaum jemand fragt:
„Wo kommt der her? Wie wurde er geröstet? Und warum schmeckt er hier eigentlich so… mittelmäßig?“
Ein Versuch, das Schweigen zu verstehen – und zu brechen.
Die stille Gleichmachung: Kaffee kostet überall ähnlich
Ein Cappuccino kostet zwischen 2,80 € und 4,00 €. Egal ob er mit Specialty Coffee zubereitet wurde oder mit anonymer Großmarktware.
Preislich wird alles gleich behandelt – geschmacklich aber nicht.
Für viele Gäste ist das irritierend:
- Warum ist der Espresso bitter, obwohl der Preis hoch ist?
- Warum schmeckt der Filterkaffee nach Tankstelle, obwohl die Location modern wirkt?
Und für Gastronomen? Da zählt oft:
“Der Kaffee muss funktionieren. Und sich rechnen.”
Was denken die Gäste?
Viele glauben, der Unterschied liege in der Zubereitung:
- „Hier ist zu wenig Kaffee drin.“
- „Die Maschine ist nicht richtig eingestellt.“
- „Die Tasse war nicht vorgewärmt.“
Aber kaum jemand denkt an die Bohne selbst.
Wurde sie vom Röster bezogen – oder von der Palettenware aus dem Cash-and-Carry-Regal?
Wurde sie sortenrein geröstet – oder mit Robusta-Anteil zur Schaumbildung?
Die Wahrheit ist: Die meisten Gäste wissen es nicht.
Weil es niemand sagt.
Warum wird Kaffeequalität nicht kommuniziert?
Ein paar ehrliche Gründe:
- Kaffee hat keine Lobby im Service
Wein bekommt ein Booklet. Fleisch kommt mit Hofnamen. Kaffee? Mit Glück ein Logo auf dem Zuckerpäckchen. - Personal weiß oft selbst zu wenig
Ohne Schulung kann niemand Unterschiede erklären – und kaum jemand stellt die Frage. - Scheu vor Preis-Diskussionen
Specialty Coffee ist teurer. Die Angst: Wenn man offen darüber spricht, kommt sofort die Rückfrage: „Warum kostet der dann 3,80 €?“ - Kaffee gilt als Nebensache
Ein Dessert wird inszeniert. Ein Cappuccino? Wird serviert.
Was könnte sich ändern?
Hier ein paar realistische Vorschläge, die wenig kosten – aber viel bewirken:
- Transparenz auf der Karte
Zeige: „Unser Kaffee stammt aus transparenter, frischer Röstung – mit klarer Herkunft und Qualitätsanspruch.“ - Mitarbeiterbriefing
Einmal im Monat 10 Minuten: Herkunft, Aromen, was ist heute in der Mühle? Gäste lieben das. - Tischaufsteller oder Rechnungseinleger
Mini-Info: „Wusstest du, dass dein Espresso aus Guatemala stammt und nach dunkler Schokolade schmeckt?“ - Sortenwechsel aktiv kommunizieren
Wie beim Wein: „Heute neu: Äthiopien Sidamo – floral & zitrisch.“
Und was wäre, wenn?
Stell dir vor, Kaffee hätte denselben Stellenwert wie ein gutes Glas Wein:
- Gäste würden sich an den Geschmack erinnern – und nicht nur daran, dass es koffeinhaltig war
- Gastronomen würden sich abheben, ohne mehr Aufwand in der Küche
- Röster könnten Werte statt Rabatte verkaufen
- Und Gäste wären bereit, mehr zu zahlen – wenn klar ist, wofür
Denn das ist der Punkt:
Nicht der Preis ist das Problem. Sondern das Schweigen darüber, was dahintersteckt.
Fazit
Kaffee ist der letzte Eindruck – und oft der unsichtbarste Bestandteil eines Besuchs.
Dabei steckt in jeder Bohne eine Geschichte. Man muss sie nur erzählen wollen.
Wenn Gastronomie beginnt, Kaffee nicht nur als Produkt, sondern als Botschaft zu verstehen, wird aus dem Pflichtgetränk der krönende Abschluss.
Und aus einem „Geht so“-Kaffee ein:
„Wow – was war das bitte für ein guter Espresso?!“