Specialty Coffee vs. Fair Trade und Bio: Warum Kaffee ohne Siegel nachhaltig sein kann
Die Themen Fair Trade und Bio sind aus der Welt des Kaffees nicht mehr wegzudenken. Viele Konsumenten orientieren sich an diesen Siegeln, um sicherzustellen, dass ihr Kaffee unter gerechten Bedingungen produziert wurde und umweltfreundlich ist. Doch wer sich mit Specialty Coffee beschäftigt, stellt schnell fest: Viele der besten Kaffees haben weder ein Fair-Trade- noch ein Bio-Siegel. Bedeutet das, dass sie weniger nachhaltig oder unfair gehandelt sind? Die Antwort ist nicht so einfach, denn Direct Trade und spezialisierte Röstereien bieten oft bessere Alternativen.
Was bedeutet Fair Trade?
Fair Trade ist ein Zertifizierungsprogramm, das den Bauern Mindestpreise für ihren Kaffee garantiert und eine zusätzliche Prämie für Gemeinschaftsprojekte vorsieht.
Laut der Verbraucherzentrale Hamburg ist das Ziel von Fair Trade, „ein stabiles Einkommen für Produzenten sicherzustellen und bessere Arbeitsbedingungen zu ermöglichen“ (vzhh.de). Allerdings gibt es immer wieder Kritik, dass das System nicht perfekt funktioniert.
So erklärt die NGO Fair World Project, dass „Fair Trade nicht immer die kleinsten und bedürftigsten Bauern erreicht“ und „die Zertifizierungskosten für manche Produzenten zu hoch sind“ (fairworldproject.org). Das bedeutet, dass einige Farmer, die bereits nachhaltig arbeiten, gar nicht erst zertifiziert werden, weil es sich für sie finanziell nicht lohnt.
Was bedeutet Bio-Kaffee?
Ein Bio-Siegel zeigt an, dass der Kaffee ohne synthetische Pestizide und Düngemittel angebaut wurde. Laut der deutschen Umweltorganisation Utopia ist das Ziel, „die Biodiversität zu erhalten und eine nachhaltige Landwirtschaft zu fördern“ (utopia.de).
Doch auch hier gibt es Herausforderungen. So erklärt die „Tegernseer Kaffeerösterei“ in einem Artikel: „Viele kleine Bauern arbeiten bereits nach biologischen Standards, können sich aber die teure Zertifizierung nicht leisten. Ohne Siegel wird ihr Kaffee jedoch von vielen Konsumenten nicht als „Bio“ anerkannt.“
Kritik an den Zertifizierungen
Sowohl Fair Trade als auch Bio haben Schwachstellen. Fair-Trade-Kaffee erfüllt zwar Mindeststandards, aber oft erhalten Bauern über andere Handelswege bessere Preise. Laut einem Bericht der britischen Zeitung The Guardian kann es passieren, dass „Fair-Trade-Kooperativen den Bauern zwar Mindestpreise garantieren, diese aber dennoch nicht immer ausreichend sind, um aus der Armut zu entkommen“ (theguardian.com).
Bio-Kaffee wiederum bedeutet nicht automatisch, dass der Kaffee hochwertig ist. Ein Bio-zertifizierter Kaffee kann dennoch schlecht angebaut, schlecht verarbeitet und von minderer Geschmacksqualität sein.
Warum Specialty Coffee oft besser ist
Specialty Coffee steht für höchste Qualität und oft auch für eine direktere und fairere Handelsweise. Viele Röstereien arbeiten mit Direct Trade, einem Handelsmodell, bei dem Röster direkt mit den Bauern verhandeln und diese oft deutlich höhere Preise erhalten als durch Fair Trade.
Laut der Specialty Coffee Association (SCA) liegt der Marktpreis für hochwertigen Specialty Coffee oft 50-100% über dem Fair-Trade-Mindestpreis.
Ein weiteres Beispiel ist das PAZ-Projekt in Kolumbien, bei dem Kaffeebauern, die zuvor in der Drogenproduktion tätig waren, durch direkte Handelsbeziehungen mit Röstereien bessere Zukunftsperspektiven erhalten.
Fazit: Kann man Specialty Coffee mit gutem Gewissen kaufen?
Die Antwort ist ein klares Ja. Nur weil ein Kaffee kein Fair-Trade- oder Bio-Siegel hat, bedeutet das nicht, dass er unfair gehandelt oder umweltschädlich produziert wurde. Viele Specialty-Coffee-Röstereien legen größten Wert auf nachhaltigen und fairen Handel, oft transparenter als große Zertifizierungsorganisationen es können.
Warum kann man Specialty Coffee ohne Sorgen kaufen?
- Direct Trade zahlt oft höhere Preise als Fair Trade.
- Viele Kaffeebauern arbeiten nach Bio-Standards, auch ohne Siegel.
- Die Transparenz in Specialty Coffee ist oft höher als bei Fair-Trade-Kooperativen.
- Durch die direkte Zusammenarbeit zwischen Bauern und Röstereien entstehen langfristige Partnerschaften, die Qualität und Nachhaltigkeit sichern.
Fair Trade und Bio sind wertvolle Konzepte, aber sie sind nicht die einzigen Maßstäbe für fairen und nachhaltigen Kaffee. Specialty Coffee kann sogar eine bessere Alternative sein – ohne Kompromisse bei Qualität, Ethik oder Umweltbewusstsein.